Stillen – Alle Babys haben das Bedürfnis zu saugen. Das Saugen dient nicht nur der Ernährung und der Beruhigung, sondern ist auch für die Entwicklung des Kiefers und die der Gesichtsmuskulatur sehr wichtig.
Es gibt aber auch noch andere Faktoren, die einen Einfluss auf die Kieferentwicklung haben. Da das Saugen aber einer der größten Einflüsse ist, sollte dem «wie, wie oft und an was» gesaugt wird deutlich mehr Beachtung geschenkt werden.
Fakten zum Babykiefer
Um die Wichtigkeit zu erläutern, braucht es erst einmal ein paar Fakten zum Babykiefer.
Der Kiefer eines Babys hat bei der Geburt gerade einmal 50% seiner Erwachsenengröße. Im Alter von 6 Jahren hat der Kiefer bereits knapp 80% erreicht, wobei der größte Teil des Wachstums in den ersten 4 Jahren erfolgt.
Es gibt aber auch schon vorgeburtliche Faktoren, die einen Einfluss auf die Kieferentwicklung haben. Die Gesundheit und Ernährung der Mutter vor und während der Schwangerschaft, genetische Faktoren aber auch Schädeltraumas, die während der Geburt entstanden sind (nach Vakuum und Zangengeburten), spielen in der ersten Hälfte der Kieferentwicklung eine Rolle.
Die Zungenlage des Kindes beeinflusst ebenfalls die Kieferentwicklung. Physiologisch befindet sich die Zunge eines Neugeboren am Gaumen.
Die Zunge gibt dem Oberkiefer den Impuls in die Breite zu wachsen. Kinder, die dauerhaft einen nicht kiefergerechten Schnuller im Mund haben, können wegen der fehlenden Zunge am Gaumen Kieferfehlbildungen, wie beispielsweise einen gotischen Gaumen davontragen.
Neugeborene haben einen kleinen, leicht nach hinten gezogenen Unterkiefer. Nach ca. sechs Monaten kann man feststellen, dass der Unterkiefer des Babys sich deutlich nach vorne entwickelt.
Er hat sich optisch dem Bereich der Oberlippe und dem Nasenrücken angeglichen. Dieser „Gleichstand“ wird später durch den Kontakt der oberen und unteren Backenzähne fixiert.
Aber bevor es so weit ist, setzen Ober- und Unterkiefer ihr Wachstum nach vorne und nach unten fort: Der Unterkiefer erhält nach dem Durchbruch der ersten Milchzähne noch einmal einen starken Wachstumsimpuls in diese Richtung.
Stillen, die erste kieferorthopädische Therapie
Das Stillen ist sozusagen die erste von der Natur vorgesehene kieferorthopädische Therapie. Während des Stillens bewegen die Babys den Unterkiefer nach vorne, um die Brustwarzen der Mutter zu stabilisieren.
Dies stellt auch sicher, dass die Babys die Milch so effizient wie möglich trinken können. Die Saugbewegung beim Stillen fördert die Entwicklung von Muskeln in Mund, Zunge und Kiefer.
Die richtige Lage der Brustwarze am weichen Gaumen gibt dem Oberkiefer zudem noch den sehr wichtigen Impuls um in die Breite zu wachsen.
Bisher wurden die Vorteile des Stillens vor allem der Zusammensetzung der Muttermilch und dem Bonding zugeschrieben. Meiner Meinung nach Verdienen aber die orthopädischen Vorteile des Stillens und des Saugens definitiv mehr Aufmerksamkeit.
Stillen ist eine frühzeitige präventive funktionelle Kieferorthopädie, da sich die Kräfte, die während des Stillens auftreten, positiv auf die Kieferentwicklung eines Säuglings auswirken. Flaschen-, Schnuller- und Fingerlutschen können den Kiefer bei exzessivem Gebrauch verformen. (Hierzu könnte euch unser Beitrag „Tipps zur Auswahl eines kiefergerechten Schnullers„, Hinweis der Redaktion)
Kinder, die mit der Flasche ernährt werden
Nun stellt sich die Frage, ob Kinder, die mit der Flasche ernährt werden, in Bezug auf die Kieferentwicklung einen Nachteil haben. Leider ist es so, dass Kinder, die nur mit der Flasche ernährt werden, einen Nachteil haben.
Folgende Faktoren beeinflussen diese Kieferentwicklung negativ:
- Die Trinkdauer an der Flasche ist deutlich geringer als die Ernährung an der Brust. Dadurch ist das Muskeltraining deutlich geringer.
- Oft beschleunigen die Eltern das Saugen an der Flasche zusätzlich, indem sie die Saugeröffnung vergrößern oder sogar einen Sauger mit zu großer Öffnung für die eigentlich nächste Altersstufe verwenden.
- Da die Sauger der Babyflaschen meistens auch zu hart und kurz sind, kann dies zu einem falschen Schluckmuster führen.
- Das deutlich geringere Muskeltraining, welches das falsche Schluckmuster begünstigt, kann zu Kieferfehlbildungen führen. Die Kieferfehlbildungen können dann einen negativen Einfluss auf die Atmung, Konzentrationsfähigkeit sowie die Sprachentwicklung des Kindes haben.
Fazit zum Einfluss des Stillen ´s auf die Kieferentwicklung
Aber einen Vorwurf kann man den meisten Eltern sicherlich nicht machen. Denn es gibt kaum Fachpersonen, Literatur oder Babyratgeber, die Eltern über diese Einflüsse aufklären.
Kieferfehlbildungen können sich bereits im Alter von ca. 18 Monaten zeigen. Daher ist es sehr wichtig, von Anfang an auf eine gesunde Kieferentwicklung zu achten.
Der wichtigste positive Einfluss auf die kindliche Kieferentwicklung ist das Stillen. Die positiven Auswirkungen, der orthopädischen Kräfte auf den Kiefer und dessen Entwicklung während des Stillens sind so signifikant, dass das ausschließliche Stillen für mindestens 4 (-6) Monate der empfohlene Standard sein sollte.
Eure Dayo (Hebamme)
Pinterestfotos: o. razyph, u. RossHelen Photos Pro (über Canva)
toller beitrag! ich bin logopädin und kann das nur unterschreiben was hier alles so toll erklärt wurde! und verständlich auch für laien!
liebe grüße