Osteopathie beim Baby: Jede Zelle des Körpers hat ihre eigene Bewegung. Osteopathen erspüren diese Bewegungen. Überprüfen sie auf Einschränkungen und korrigieren sie, wenn nötig gezielt mit den speziellen Techniken der Osteopathie. Diese sanfte, manuelle Behandlungsmethode arbeitet ausschließlich mit dem leichten Druck der Hände.
Begründet wurde die Osteopathie von Dr. Andrew Taylor Still bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Der amerikanische Arzt forschte lange Zeit, um seine für die heutige Osteopathie grundlegenden Einsichten über Gesundheit und Krankheit und den menschlichen Körper, aufzuschreiben.
Ich selbst bin mit dieser naturheilkundlichen Heilungsmethode erst nach meiner zweiten Geburt in Berührung gekommen.
Heute denke ich, dass meine erste Geburt viel sanfter hätte verlaufen können, wenn ich bereits in der Schwangerschaft so behandelt worden wäre. Mein Kind hätte vermutlich weniger schreien müssen und seine Ruhe und seine Balance nach einer schweren Geburt früher wiedergefunden.
Der weibliche Körper ist während der Schwangerschaft enormen Veränderungen ausgesetzt
„In der Schwangerschaft ist der weibliche Körper enormen Veränderungen ausgesetzt, wie z.B. einer veränderten Statik und hormonell bedingt weicherem Gewebe.“
„Das kann zu vielfältigen Beschwerden führen.“ erklärt die Osteopathin Annette Wöhler. „In diesen Fällen ist eine osteopathische Behandlung gut geeignet, die Anpassungsvorgänge zu unterstützen.“
In der Praxis der Expertin, die auf ganzheitliche Physiotherapie und Osteopathie spezialisiert ist, sind speziell ausgebildete Experten für die Behandlung von Kindern zuständig.
Sie rät Schwangeren, sich bereits mit dem Thema Unterstützung durch Osteopathie und ganzheitliche Behandlungsformen auseinanderzusetzen:
„Für die Geburt ist es notwendig, dass sich die Beckenknochen frei zueinander bewegen können. Gibt es Spannungen in diesem Bereich, ist es sinnvoll schon vor der Geburt eine Osteopathin aufzusuchen.“
Diese Verspannungen sind häufig den traumatischen Erfahrungen und den damit verbundenen Ängsten in Bezug auf Geburten und dem Thema Loslassen und Vertrauen geschuldet. Hinweis der Baby-Redaktion.
Wann sollte man zum Osteopathen?
Meine erste Geburt hatte mich mehr geschlaucht, als ich mir das damals eingestanden hatte. Alles ist so euphorisch, so aufregend nach einer Geburt.
Wer denkt da an die junge Mutter? Wohl am allerwenigsten sie selbst. Vor lauter Glück, vor lauter Baby gucken und Baby streicheln, Baby beruhigen und füttern, vergisst sie schnell sich selbst.
Erst einige Wochen nach der Geburt habe ich bemerkt, dass sich nichts so von allein wieder eingerenkt hatte. Zumindest nicht so wie das Omas, Tanten und andere Mütter beruhigend behauptet hatten.
Ich fühlte mich total abgespannt, verbogen und verzerrt. Ja, verzerrt! Meine Körpermitte hatte sich verschoben, meine Leisten taten weh, das Kreuzbein war verspannt. Eigentlich tat mir einfach alles vom Bauchnabel abwärts furchtbar weh.
Dabei bin ich brav zur Rückbildung getigert und habe gewissenhaft, die dort von der Hebamme gezeigten Übungen, auch zuhause durchgeführt. In der Schwangerschaft hatte ich sogar mit Yoga begonnen und viel in meinen Körper hineingehört.
Wo war nur mein harmonisches Körpergefühl hin?
Früher musste ich nie über meinen Körper nachdenke. Er machte keine Probleme, war einfach ok so wie er war.
Als das Ganze begann sich bei der zweiten Schwangerschaft zu wiederholen, hatte ich mehr Glück. Klar renkt sich das auch ohne Osteopathie irgendwie wieder ein. Dies hat ja auch nach der ersten Geburt funktioniert. Doch wieso sich das Leben schwerer machen als nötig?
Durch Zufall bekam ich nach der Geburt der Zwillinge die Visitenkarte einer Osteopathin in die Hand gedrückt. Eigentlich für die Babys, die mit einem Kaiserschnitt zur Welt gekommen waren.
Spontan beschloss ich auch einen Termin für mich selbst auszumachen – aus dem reinen Bauchgefühl heraus, dass mir das gut tun könnte.
Und es war ein erhebendes Erlebnis. Ich konnte regelrecht spüren wie mein Körper wieder ins Lot gerückt wurde. Daraufhin habe ich für alle drei Kinder Termine ausgemacht.
Annette Wöhler hält eine osteopathische Behandlung nicht prinzipiell nach jeder Geburt für notwendig. „War die Geburt schwer, ist auch eine Behandlung für die Mutter empfohlen.“ Ansonsten gilt es wie beim Kind, dem Körper Zeit zu geben. Und die körpereigenen Selbstheilungskräfte wirken zu lassen. Typische Beschwerden der Mutter nach der Geburt sind Rückenschmerzen im Lenden- und Brustwirbelbereich sowie Beckenschmerzen.“
Osteopathie beim Baby
Was verstehen Spezialisten überhaupt unter einer schweren Geburt? „Eine osteopathische Behandlung von Neugeborenen ist vor allem dann sinnvoll: wenn es zum Einsatz von Hilfsmitteln wie Saugglocke oder PDA gekommen ist, oder ein Kaiserschnitt stattgefunden hat“.
Klar ist jede Geburt anstrengend und Säuglinge wie Gebärende sind erst einmal erschöpft und ruhebedürftig. Das ist ganz normal und es braucht Zeit und Ruhe, um wieder zu sich zu kommen und zurück zu seiner Mitte zu finden.
Sie rät ihren Patientinnen zudem zu Osteopathie, wenn ihre Geburt zwar natürlich, aber besonders schwer, lang oder auch extrem kurz war.
Dennoch empfiehlt sie erst einmal abzuwarten und dem Neugeborenen Zeit und Ruhe zuhause zu geben. Vor allem wenn beim Kind alles gut läuft und die Geburt problemlos abgelaufen ist. In diesen Fällen ist es gut, das Baby erstmal in seiner neuen Umgebung ankommen zu lassen.
Falls die Eltern aber den Wunsch verspüren, das Kind einmal anschauen zu lassen, genüge es, das Baby der Osteopathin ab vier bis sechs Wochen nach der Geburt vorzustellen.
Das Kind arbeitet sich während der Geburt mit Hilfe der mütterlichen Wehen durch den Geburtskanal. Auf das Baby wirken dabei enorme Kräfte ein.
Anpassungen nach der Geburt stellen riesige Herausforderungen dar
Osteopathie beim Baby: Nach der Geburt stellt die Anpassung an die neue Umgebung eine riesige Herausforderung dar. So kommt es immer wieder vor, dass bei Kindern Spannungen im Gewebe zurückbleiben. Diese sind häufig auf den Geburtsvorgang oder die Lage im Mutterleib zurückzuführen.
Die Osteopathin unterstützt diesen Anpassungsvorgang, indem sie Spannungen im Gewebe löst.
„Schon Neugeborene können Symptome aufweisen wie Bauchweh und Verdauungsprobleme, häufiges Schreien, Vorzugshaltungen, vermehrte oder verminderte Körperspannung oder Schwierigkeiten beim Stillen“.
Häufig entstünden diese Symptome durch Anpassungsschwierigkeiten des kindlichen Organismus oder persistierende Spannungen im Gewebe. Wenn dies der Fall ist, kann eine osteopathische Behandlung sehr gut helfen.
„Auch bei Kleinkindern können typische Symptome wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Haltungsabweichungen oder motorische Unruhe durch Spannungen im Gewebe ausgelöst sein“. Hier kann eine osteopathische Behandlung Verbesserungen erreichen.
Immer mehr Krankenkassen beteiligen sich übrigens an den Kosten für eine osteopathische Behandlung.
Eure Verena Wagner (Babytalk-Autorin)
Nachfolgend findet ihr einen Bericht einer „betroffenen“ Mutter zu Osteopathie beim Baby, Hinweis der Redaktion.
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Ich dachte, dass Osteopathie nur für älteren Menschen ist! Mein Neffe hat Schlafstörung und sucht meine Schwester nach einer passenden Behandlung für ihn. Ich glaube, sie weist über Osteopathie nach der Geburt noch nicht. Ich werde ihr Deinen Beitrag teilen. Danke!
Hallo Florentin,
es freut uns, dass Dir unser Beitrag eine Idee gegeben hat, wie deinem Neffen und deiner Schwester geholfen werden kann.
Osteopathie hilft bei sehr sehr vielen Auffälligkeiten von Kindern und Babys.
Viele Grüße
Deva vom Babytalk-Team
Danke für den Hinweis, dass eine osteopathische Behandlung eine gute Chance auf Heilung bietet, wenn Anpassungsschwierigkeiten oder Spannungen im Gewebe aufgetreten sind. Auf mein Baby treffen ebenfalls einige Symptome zu, die hier beschrieben wurden. Am besten werde ich mir eine passende Osteopathie-Behandlung für Säuglinge suchen.