Als werdender Vater bei der Geburt

Vater bei der Geburt

Als werdender Vater bei der Geburt – Wie geht es Vätern während der Geburt des Kindes? Eine Antwort auf diese Frage will ich nachfolgend aus meiner immer noch sehr präsenten Erinnerung erzählen?

Es ist mittlerweile 20 Jahre her, dass meine/unsere Tochter zu Hause in unserem Schlafzimmer, dass Licht der Welt erblickte.

Wir bzw. meine Frau hatte sich auf meine Idee unser Kind zu Hause auf die Welt zu bringen angeschlossen, was nicht zuletzt an unserer sehr vertrauenswürdige und kompetenten Hebamme Raphaela Hoyer lag. Denn als wir dies unseren Eltern erzählten, ernteten wir sehr viel Kopfschütteln und Warnungen.

Die ersten Wehen

Morgens gegen halb 5 Uhr begannen die Wehen meiner Frau. Was sie mir aber erst zwei Stunden später mitteilte, als mein Wecker klingelte. Ich hatte als Dozent eine Klausur in einem 100 km entfernten Institut zu stellen.

Kurz vor acht rief ich im Institut an, um mitzuteilen, dass ich die Klausur nicht persönlich stellen könnte. Ich sollte sie dann faxen. Das war damals leichter gesagt als getan. Faxe gehörten damals noch nicht zur Standardausstattung von Privathaushalten.

Wir wohnten damals in einem kleinen Vorort von Münster und so fuhr über eine Stunde lang verschiedene Läden in der Umgebung ab, bis ich in einem Supermarkt fündig wurde und ein „öffentliches Faxgerät“ vorfand. Internet gab es noch nicht (kaum zu glauben).

Erste Untersuchung durch unsere Hebamme

Gegen 9 Uhr rief meine Frau ihre Hebamme an, die kurz darauf vorbei kam, den Abstand der Wehen und die Öffnung des Muttermundes prüfte. Es waren ca. 2 cm.

Sie beruhigte uns und teilte uns mit, dass es wohl noch etwas dauern und wie ich meine Frau unterstützen könnte die Wehen zu veratmen. Dann fuhr sie wieder mit der Auskunft, dass sie in ca. 2 Stunden wieder vorbei kommen würde.

Wir riefen meine Schwägerin an. Die kam direkt aus Hamburg angefahren und unterstützte uns am „Geburtstag“ unserer Tochter.

Am frühen Nachmittag kam Raphaela wieder. Die Öffnung betrug nun 5 cm. „Warten“ bzw. Durchstehen der Wehen war angesagt. Denn die Wehen meiner Frau waren mittlerweile schon sehr schmerzhaft.

Abwechseln machte ich mit meiner Schwägerin einen Buckel in gebeugter Haltung an dem meine Frau sich „entspannen“ und die in immer kürzer werdenden Abständen kommenden Wehen veratmen sollte.

Hilflos als Vater bei der Geburt

Zu diesem Zeitpunkt war es schon sehr arg für mich, „hilflos“ als Vater bei der Geburt mit ansehen zu müssen, wie sehr meine Frau „leidet“ ohne wirklich etwas tun zu können. Dies wurde mit dem Näherrücken der Geburt immer ärger. 

Auch wenn es ein nicht ganz passender Vergleich ist. Stellt euch vor, euer Kind hat sich verletzt, schreit und weint unerbittlich und ihr könnt nichts tun, um ihren Schmerz zu lindern.

Mit ihrer Souveränität nahm mir Raphaela zumindest die Angst vor der Geburt. Wenn sie mir auch nicht das Leiden meiner geliebten Frau leichter machen konnte. Sie schlug meiner Frau vor, erstmal noch in die Wanne zu gehen, was diese machte, wenn sie auch wieder recht schnell draußen war.

Dann ging es für die letzten nicht enden wollenden „25 Minuten“ aufs Bett. Ich saß am Bettrand mit leicht gespreizten Beinen, meine Frau hockte halb auf meinen Beinen und halb dazwischen. Raphaela vor uns am Boden.

Das Zimmer war abgedunkelt und es lief „Que sera“ von Doris Day, was wir gefühlt die gesamte Schwangerschaft durch hörten und womit wir unsere Tochter begrüßen wollten.

Als die Geburtswehen begannen, war es für mich kaum noch auszuhalten. Meine Beinen wollten nicht mehr und meine Hilflosigkeit zerriss mich fast.

Ich konnte ihr den Schmerz nicht nehmen noch lindern. Immer wieder meinte sie, sie wolle und könnte nicht mehr und wolle das es aufhört. Abgesehen davon war ich ja auch nicht ganz unbeteiligt bzw. „unschuldig“ an ihrer Situation.

Zum Schluss musste es dann ganz schnell gehen, da unsere Tochter die Nabelschnur um ihren Hals gewickelt hatte. Die letzten Geburtswehen waren der Horror für meine Frau. Aber auch für ihre Schwester und mir.

Wenn ich mich nur zweiteilen könnte

In diesem Moment wusste ich einfach nicht, um wen oder was ich mich gerade als erstes kümmern sollte.

Ich war hin und hergerissen zwischen das Wunder des Lebens, wie da ein lebensfähiger, vollständiger Mensch aus den Bauch kommt und den Schmerzen meiner Frau.

Doch zum Glück hatte Raphaela alles im Griff, legte unsere Tochter auf den Bauch ihrer Mutter und nähte ihren kleinen Riss. Nachdem ihre Nabelschnur auspulsiert war, durfte ich sie durchschneiden.

Gerne hätte ich dieses überwältigende und freudige Gefühl länger ausgekostet. Dieses wunderschöne und allein lebensfähige Menschenskind (alle Eltern finden ihre Babys wunderschön) einfach nur auf dem Bauch ihrer zu „bestaunen“.

Anschließend badete ich sie mit Raphaela zusammen, die sie gleichzeitig untersuchte. Während meine Frau sich etwas von ihren Strapazen und Schmerzen ausruhte.

Wie schlafen?

Wir wollten unsere Kleine Maus unbedingt in unserer Nähe haben. Doch da meine Frau Angst hatte sich versehentlich auf sie zu legen, nahm ich sie auf meinen Bauch. Dort schlief sie ihre erste Nacht auf dieser Erde.

Ich konnte in dieser Nacht „kein Auge zu machen“, da ich meinen Blick nicht von diesem wunderschönen Menschenkind lassen konnte und eh nicht auf dem Rücken einschlafen kann.

(Ps. Wenn sie auch später (bis ca. 10 Jahre) nicht einschlafen konnte und ich mich zu ihr legte, legte sie ihren Kopf auf meinen Brustkorb und weg war sie).

Am nächsten Tag als meine beiden Frauen schliefen, bin ich einkaufen gefahren und habe für die nächsten Tage vorgekocht. Auch wenn es viel Theater von Seiten der lieben Verwandten gab, haben wir für die erste Woche ein Besuchsverbot durchgesetzt, was wir nicht bereut haben.

Zum Glück konnte ich mir für die ersten vier Wochen unbezahlten Urlaub nehmen (ich war damals schon freiberuflich tätig). Das war das Beste, was ich damals machen konnte und nie bereut habe. Es wäre wünschenswert alle Väter bzw. Eltern hätten diese Wahl und könnten es „finanzieren“.

Es ist als Vater schon so schwer genug sich in der neuen Rolle und Familienkonstellation zurecht zu finden. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter lässt häufig erstmal keinen Platz für einen Vater.

Viele frisch gebackene Mütter haben erstmal kein Bedürfnis nach Sex und/oder Nähe zu ihrem Partner. Die Nähe zu ihrem Kind füllt sie häufig ganz aus. Hierzu empfehlen wir euch den Beitrag „Eine kleine Auszeit vom Elternsein“ (Hinweis der Redaktion).

Damit will ich nicht sagen, dass es für die junge Mutter nicht auch schwer ist, sich in die neue Rolle einzufinden, doch dies wird ihr zumindest in den ersten Wochen von ihrem Baby „gezeigt“.

Euer Deva (Babytalk – Redaktion)

Ps: Wie freuen uns sehr zu erfahren, wie eure Männern die Situation als Vater bei der Geburt erlebt haben.

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Deva Wallow
Deva ist Familientherapeut und Persönlichkeitsentwickler und ist bei babytalk.world als Autor und Chefredakteur verantwortlich für den Inhalt der Seite. Außerdem moderiert er die Community auf Facebook.