Über eine Babytalk-Leserin bin ich auf das Problem aufmerksam gemacht worden, dass viele Eltern sich fragen, wie sie sich verhalten sollen, wenn sich ihr Kind nicht die Zähne putzen will.
„Was tun, wenn das Kind sich nicht die Zähne putzt und auch alle Versuche mit zuckerfreien Süßmitteln, gesunder Ernährung etc. nicht verhindern, das letztendlich die Zähne so kaputt sind, das eine Behandlung unter Vollnarkose notwendig ist? Ist dann die Behandlung und alles was dazu gehört für das Kind nicht genauso traumatisch, als wenn es zum Putzen gezwungen worden wäre?“
Auf die Frage, was zu tun ist, kann man Eltern zwar hunderte von Tipps geben, doch letztendlich müssen sie die Entscheidung treffen und damit die Verantwortung dafür selber tragen. Selbst, wenn es so aussieht, als wenn eine Vorgehensweise „besser“ ist als die andere, kann man das im vorhinein nicht wirklich sagen.
In diesem Sinne werde ich nachfolgend darauf eingehen, „wie man Kinder ans Zähneputzen heranführen kann“, „welche Folgen ein „gewaltsames Zähneputzen haben kann“ und „wie man Kinder auf eine Zahnbehandlung vorbereiten kann“, eingehen.
Wie kann ich mein Kind dazu motivieren sich die Zähne zu putzen?
Zu aller erst, beginnt frühzeitig mit dem Zähne putzen, das heißt mit den ersten Milchzähnen und den ersten Beikostmahlzeiten (6-9 Monate). So baut sich das Zähneputzen von „Anfang“ an in das Aufsteh- bzw. Zubettgeh-Ritual ein.
Nimmt eure Kinder so oft wie möglich mit, wenn ihr euch die Zähne putzt, denn Kinder haben eine Art inneren Drang uns alles nach zu machen. Und Kinder lernen am allermeisten durch Nachahmung. Dies insbesondere von ihren Eltern und größeren Geschwistern.
Vielleicht lasst ihr ihnen auch euch die Zähne putzen und schaut, ob ihr anschließend mit der Zahnbürste in ihren Mund dürft. Seid nicht enttäuscht, wenn sie es nicht wollen. Manchen Kindern macht es einfach noch Angst.
Falls sie es nicht wollen, fragt, ob sie es vielleicht selber mal probieren wollen. Und wenn sie dies auch noch nicht wollen, sind sie vermutlich aber bereit ihrer Puppe oder Kuscheltier die „Zähne zu putzen“.
Wie auch immer, bleibt entspannt und geht nicht mit der Erwartung heran, dass es jetzt aber langsam mal klappen muss.
Kinder lernen am besten auf einer humorvollen und entspannten Art und Weise
Vielleicht führt ihr auch ein Belohnungssystem ein, indem ihr ihnen einen Smiley oder ähnliches Bildchen stempelt oder in eine Liste malt. Ab dem Erreichen einer bestimmten Menge könntet ihr dann etwas mit ihnen unternehmen, was sie besonders mögen oder eine Kleinigkeit schenken.
Ich habe mir damals so mein erstes Taschengeld zusammengespart. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht als ein Tauschhandel gemeint und kommuniziert wird, was dann dazu führen kann, dass eure Kinder nur noch für eine Gegenleistung machen, was ihr wollt.
Achtet zudem darauf, dass ihr eine weiche Zahnbürste verwendet, denn besonders bei Kindern ist das Zahnfleisch häufig noch sehr empfindlich. Übrigens auch unsere Zähne mögen am liebsten sanft geputzt werden.
Belohnung wirkt immer besser als Bestrafung
Erinnert euch mal an die ersten Aufsteh- und Gehversuche eures Kindes. Habt ihr sie kritisiert, wenn sie hingefallen sind oder habt ihr sie motiviert es immer wieder zu probieren und sie bei jeden Versuch überschwänglich bestärkt und gelobt?
Vielleicht lest ihr auch mal gemeinsam Geschichten von den Zahnmonstern Karius und Baktus, diese werden den meisten Eltern bestimmt bekannt sein. Selbst ausgedacht wirken sie aber auch.
Bis zum Erlangen der Schreibschrift ist es zudem wichtig die Zähne täglich mindestens einmal gründlich nachzuputzen.
Ein „gewaltsame“ Zähneputzen oder erzwingen ist nicht hilfreich.
Wenn ich mein Kind gegenseinen Willen die Zähne putze, sollte ich mir bewusst sein, dass dies vom Kind als Grenzüberschreitung wahrgenommen wird.
Dies muss zwar nicht, kann aber zu einem Trauma führen. Auf jeden Fall wird es die Beziehung zu den Eltern bzw. das Vertrauen zu ihnen für eine gewisse Zeit schädigen.
Und das kann schwerwiegendere Folgen für euer Kind haben und für kariöse Folgezähne sorgen, obwohl man genau das Gegenteil bewirken wollte.
Denn so würde das Zähneputzen für eine sehr lange Zeit mit etwas sehr negativem verbunden. Was zu Folge hätte, dass sie aus freien Stücken wohl eher nicht mehr machen würden. Somit hätte man das Problem noch verstärkt und verlängert.
Meine Empfehlung, macht euch immer wieder bewusst: Auch bzw. gerade Kinder haben das Recht Fehler zu machen. Und wie wir, haben sie anschließend auch die „Verantwortung“ für ihre Entscheidungen zu tragen.
Und da wir sie lieben, helfen wir ihnen dabei, anstatt, wenn sie bereits „auf dem Boden liegen, noch nachzutreten“.
Kinder lernen nicht aus Verurteilung und Bestrafung, sondern aus Erfahrung.
Überlegt euch, ob ihr euren Kindern nicht „die Verantwortung“ für ihr Zähne putzen überlasst.
Unsere Verantwortung als Eltern endet an dem Punkt, an dem wir sie immer wieder (in Abständen) „kindgerecht“ darauf Aufmerksam machen, wie wichtig das Zähne putzen ist. Es ihnen zeigen bzw. mit ihnen üben und sie daran erinnern es zu tun. Zumindest solange bis es eine „Selbstverständlichkeit“ für sie geworden ist.
Wie kann ich eine Zahnarztbesuch/-OP meines Kindes vorbereitend unterstützen?
Dies kann damit beginnen, dass wir für und ggf. gemeinsam mit unserem Kind einen Zahnarzt suchen (hierzu ein Video von Lauras Stern „Laura muss zum Zahnarzt„), der eine Gespür hat, wie man in Kontakt mit (ängstlichen) Kindern kommt und weiß, wie man ihr Vertrauen gewinnt.
So sollte der erste Zahnarztbesuch auch nur eine Art Kontroll- und Diagnosebesuch sein. Und wenn möglich keine Behandlung beinhalten. Für Kinder ist es sehr hilfreich, wenn die ersten Besuche beim Zahnarzt in positiver Erinnerung bleiben.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Zähne kontrollieren zu lassen bevor die ersten Probleme auftreten. Mehr dazu findet ihr in unserem Beitrag „Der erste Besuch beim Zahnarzt„.
Man sollte Kinder bei nötigen Behandlungen nicht belügen, indem man ihnen z.B. sagt, es wird nicht weh tun. Denn das muss es zwar nicht, doch kann es. Und zudem ist es auch von der Schmerztoleranz abhängig.
Eine tolle Idee ist es, die Geräte des Zahnarztes mit Geschichten zu verbinden:
- Der Bohrer macht die Häuser von den „Auamonstern“ kaputt.
- Der Sauger fängt sie alle ein und schmeißt sie ins Gefängnis.
- Die Füllung macht die Zähne wieder wunderschön glatt, sodass „Auamonster“ in Zukunft immerzu ausrutschen und keine Chance haben, sich anzusiedeln.
Wenn möglich und vom eurem Kind gewünscht, ist es gut seine Hand zu halten oder auf eine andere Art in körperlichem Kontakt während der Behandlung zu bleiben.
Auch eine anschließende Belohnung und Lob kann eine unschöne Erfahrung gerade bei Kindern häufig ins positive umkehren.
Als erstes sollte man sich davor hüten, dies mit Kommentaren wie „Wer nicht hören will, muss fühlen“ oder „Das hast Du nun davon“. Damit probieren wir nur unsere eigenen Schuldgefühle zu mindern.
Ich hoffe Euch damit die Entscheidung etwas leichter gemacht zu haben.
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Weitere Beispiele, wie ihr eure Kinder bindungsorientiert und liebevoll in die Selbstständigkeit begleiten könnt, findet ihr in unserem Buch „Glückliche Kinder brauchen entspannte Eltern„, welches im Humboldt-Verlag erschienen ist:
Euer Deva (Babytalk-Redaktion)
Beitragsfoto: Evgeniy Losev / shutterstock
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